„Wir können stolz auf unsere KONSENS-Lösungen sein“

Die neue Gesamtleitung stellt sich vor: Welche Ziele haben Jürgen Thiel (Gesamtleiter), Frauke Hesse und Gabriele Jakob (Stellvertreterinnen) – und was begeistert sie an ihrem Job? 

Im Interview sprechen sie über Besonderheiten wie den „Einer-für-alle-Ansatz“, den KONSENS seit mehr als 15 Jahren praktiziert, den besonderen Flow, der bei der Teamarbeit entsteht, und wie die länder- und bereichsübergreifende Expertise genutzt wird, um etwas Gemeinsames zu schaffen: nämlich Produkte, die im Finanzamt zeitnah Mehrwert bringen. Das papierlose Büro, die weitere Automatisierung und moderne IT-Arbeitsplätze in der Finanzverwaltung sind dabei wichtige Zielsetzungen. 

Auf den bisherigen Weg könne man stolz sein: Andere Ressorts schielten durchaus sehnsüchtig auf die länderübergreifende Zusammenarbeit und Lösungen, die KONSENS etabliert hat. „Leider gehen diese Erfolge manchmal unter. Ganz konkret zum Beispiel: Die geräuschlose Einführung der digitalen Lohnsteuerkarte und der digitalen Übermittlung von Kranken- und Pflegeversicherungsdaten hat vielen Menschen viel Arbeit abgenommen. Wir haben die Corona-Wirtschaftshilfen umgesetzt, die Forschungszulage, die Energiepauschale“, sagt Jürgen Thiel. Auch das Erbringen von Nachweisen für staatliche Leistungen laufe in Zukunft immer öfter automatisiert über die Steuerverwaltung.

Den Gestaltungswillen der Menschen bei KONSENS will die neue Gesamtleitung produktiv nutzen: Die Rahmenbedingungen sollen durch Steuerung und Koordination so ausgestaltet werden, dass die vielen Rädchen effizient ineinandergreifen können – immerhin ist KONSENS mit mehr als 1.200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern das größte Digitalisierungsvorhaben in Deutschland, die Steuerverwaltung schon heute die mit Abstand digitalste Verwaltung. Nur so können die individuellen Leistungen zielgerichtet zu einem Ergebnis zusammengeführt werden, ist man überzeugt. „Für uns wäre das ein toller Erfolg, wenn die Menschen in KONSENS merken: Am besten funktioniert es miteinander. Und wenn wir über die verschiedenen Arbeitseinheiten hinweg mehr Verständnis unter- und füreinander schaffen können.“

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Jürgen Thiel

Jürgen Thiel ist seit 2023 als Vertreter des Hessischen Ministeriums der Finanzen Mitglied der KONSENS-Gesamtleitung. Im Frühjahr 2024 wurde er zum Gesamtleiter ernannt. Zuvor war er in der Hessischen Zentrale für Datenverarbeitung (HZD) 35 Jahre für IT-Verfahren rund um die Steuerverwaltung zuständig. Das Vorhaben KONSENS hat er von Anfang an begleitet, unter anderem als Verfahrensmanager für GINSTER (Grundinformationsdienst Steuern) und im föderalen Verbund im Gremium Entwicklungsleiter IT. In den letzten Jahren war er als Entwicklungsleiter für das Land Hessen Mitglied der Entwicklungsleiterkonferenz. In der HZD leitete er die Abteilung Verfahren der Steuerverwaltung.

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Frauke Hesse

Frauke Hesse aus dem Ministerium der Finanzen Nordrhein-Westfalen ist seit 2021 als Stellvertreterin Teil in der KONSENS-Gesamtleitung tätig. Sie war zuvor u.a.in der Softwareentwicklung tätig und hat mehrere Softwareprodukte im Bereich der Außenprüfung für das Land NRW mit ihren Teams entwickelt und in Produktion genommen. Mit dem Gesamtvorhaben ist sie von Anfang an vertraut; unter anderem war sie viele Jahre für das Verfahren Prüfungsdienste verantwortlich. Zudem hat sie das Land Nordrhein-Westfalen in der Entwicklungsleiterkonferenz vertreten. Neben der langjährigen Erfahrung im Bereich Softwareentwicklung hat sie zuletzt auch den Betrieb von Software verantwortet. 

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Gabriele Jakob

Gabriele Jakob vom Bayerischen Landesamt für Steuern ist seit Juli 2023 stellvertretende KONSENS-Gesamtleiterin. Die Juristin startete ihre Verwaltungslaufbahn im Finanzamt, bevor sie 2001 in den IT-Bereich wechselte. In Bayern und Sachsen hat sie an verschiedenen Schnittstellen rund um die Steuer-IT gearbeitet, unter anderem in der Oberfinanzdirektion und im Sächsischen Staatsministerium für Finanzen. Zuletzt hat sie sich als stellvertretende Rechenzentrumsleiterin in Bayern vor allem mit Fragen rund um den Betrieb der Software befasst und viele Jahre im ehemaligen Gremium Produktionsleitung IT mitgewirkt.
 
 

 "KONSENS ist das größte Digitalisierungsvorhaben in Deutschland. Und die Steuerverwaltung ist mit Abstand die digitalste Verwaltung." 
Frauke Hesse 

Sie sind alle drei seit vielen Jahren Teil der KONSENS-Familie. Was macht diese Familie aus? Oder, anders gefragt: Was ist für Sie das Besondere an KONSENS? 

Jürgen Thiel: Eine Besonderheit ist, dass wir den „Einer-für-alle“-Ansatz seit Jahren praktizieren. Das setzt Vertrauen in der Zusammenarbeit voraus: Wenn man Software übernimmt, die ein anderes Land entwickelt hat, muss man sich darauf verlassen, dass es in der eigenen Produktion funktioniert. Das haben wir bei KONSENS wirklich gut umgesetzt. Und sogar noch mehr: Bei uns entwickeln ja nur die fünf Steuerungsgruppenländer Bayern, Baden-Württemberg, Hessen, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen, und alle 16 Bundesländer sowie der Bund übernehmen. 

Frauke Hesse: Die Motivation ist innerhalb von KONSENS sehr hoch, alle verfolgen ein Ziel. Das merkt man zum Beispiel bei den Verfahrensmanager-Workshops, wo alle gemeinsam nach schnellen und effizienten Lösungen suchen. Da entsteht ein richtiger Flow.

Gabriele Jakob: Ich finde es toll, wie viel Expertise wir über alle Länder hinweg zusammenbringen. KONSENS ist deswegen so erfolgreich, weil wir diesen Schatz – die Kenntnisse und Fertigkeiten in den Steuerverwaltungen, aber auch im technischen Bereich – nutzen, um etwas Eigenständiges, Gemeinsames zu schaffen. 

Seit einigen Monaten haben Sie nun gemeinsam die Gesamtleitung inne. Was begeistert Sie daran?

Thiel: Wir reden über die Digitalisierung der Verwaltung. Dabei an so einer maßgeblichen Stelle mitgestalten zu können, ist für mich ein wirklich spannender Job. Wir haben hier sehr viele Gestaltungsmöglichkeiten. 

Jakob: Steuern an sich sind einfach fundamental für unser Gemeinwesen, sie sind die Grundlage unseres gesellschaftlichen Miteinanders. 

Hesse: Um die Dimensionen deutlich zu machen: KONSENS ist das größte Digitalisierungsvorhaben in Deutschland. Und die Steuerverwaltung ist mit Abstand die digitalste Verwaltung. Mehr als 1.200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind im Vorhaben KONSENS tätig. 

"Im Bereich der Anmeldungssteuern etwa haben wir einen Digitalisierungsgrad von 97 Prozent.
Da ist kein Papier mehr notwendig." 

Jürgen Thiel 

Warum ist deren Arbeit so wichtig?

Hesse: Sie stellen täglich die Einnahmen des Staates sicher, effizient und über alle Länder hinweg – obwohl Steuergesetze komplex sind und sich ständig ändern. Jeden Tag erstellen wir Bescheide,  jeden Tag kommen die Einnahmen rein, jeden Tag werden die Steuergelder erhoben. Weil auch in den Finanzämtern in den nächsten Jahren viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Ruhestand gehen, arbeiten wir zudem daran, noch viel  mehr Dinge als bisher maschinell umzusetzen. Damit der Staat auch in Zukunft seine Aufgaben wahrnehmen kann. 

Thiel: Die Digitalisierung wirkt auch nach außen: Auch Steuerbürgerinnen, Steuerbürger und Unternehmen wollen eine weitestgehend vereinfachte Abgabe von Steuern. ELSTER ist hier ein sehr gutes Aushängeschild. Im Bereich der Anmeldungssteuern etwa haben wir einen Digitalisierungsgrad von 97 Prozent. Da ist kein Papier mehr notwendig.

Jakob: Steuern zahlen ist ja eine Pflicht. Diese zu erfüllen, wollen wir den Bürgerinnen, Bürgern und den Unternehmen so einfach wie möglich machen. Diesem Anspruch hat sich ELSTER verschrieben. 

Welche Aufgabe sehen Sie für sich als Gesamtleitung?

Thiel: Das Miteinander ist für uns ein wichtiges Thema. Viele Menschen bei KONSENS haben großen Gestaltungswillen. Als Gesamtleitung wollen wir durch Steuerung und Koordination die Rahmenbedingungen so gestalten, dass die vielen Rädchen effizient ineinandergreifen, und die individuellen Leistungen zielgerichtet zu einem Ergebnis zusammenführen. 

Hesse: Genau. Das bedeutet, dass am Ende auch ein Ergebnis stehen muss , wir  also möglichst viel Software in die Betriebe der Länder bringen und im Endeffekt die Anwenderinnen und Anwender vor Ort unterstützen. 

Jakob: Wir sind ja ein großer Laden. Und der funktioniert nur, wenn alle wissen, was sie tun sollen und warum. Wir müssen also ein einheitliches Ziel formulieren und alle dahinter versammeln. Das ist eine wichtige Aufgabe der Führungsebene. KONSENS kann stolz auf 20 Jahre gemeinsames Tun sein!

"Die geräuschlose Einführung der digitalen Lohnsteuerkarte und der digitalen Übermittlung von Kranken- und Pflegeversicherungsdaten hat vielen Menschen viel Arbeit abgenommen." 
Jürgen Thiel 

Worauf kann KONSENS noch stolz sein?

Thiel: Das ist ein wichtiger Punkt. Ja, wir können stolz auf unsere KONSENS-Lösungen sein. Oft sind die auch für andere Ressorts interessant, Justiz und Polizei blicken durchaus  sehnsüchtig   auf  uns und wir sind zum Thema länderübergreifende Zusammenarbeit im Gespräch. Leider gehen diese Erfolge manchmal unter. Ganz konkret zum Beispiel: Die geräuschlose Einführung der digitalen Lohnsteuerkarte und der digitalen Übermittlung von Kranken- und Pflegeversicherungsdaten hat vielen Menschen viel Arbeit abgenommen. Wir haben die Corona-Wirtschaftshilfen umgesetzt, die Forschungszulage, die Energiepauschale. 

Jakob: Beispiel Corona-Wirtschaftshilfen: Da wurden nicht die Arbeits- oder die Familienverwaltung gefragt, die klassisch Geld auszahlen. Sondern die eintreibende Seite, also die Steuerverwaltung, ob wir auch Mechanismen haben, zeitnah Geld auszukehren. Das finde ich bemerkenswert, weil das eigentlich gar nicht unser Job ist – aber wir haben eben die Hauptdaten, die Strukturen und die Expertise, das schnell umzusetzen. 

Thiel: Wenn es bei staatlichen Leistungen um das Erbringen von Nachweisen geht, läuft das in Zukunft immer öfter automatisiert über die Steuerverwaltung. Da muss der oder die Beantragende nicht explizit noch mal irgendwo hin und seinen Einkommensnachweis abholen, sondern KONSENS löst das. Da sind wir Teil der Verwaltungsdigitalisierung: dass Sachen, die bereits vorliegen – wenn auch an anderer Stelle – nicht neu erklärt werden müssen. 

Wenn Sie auf die ersten Monate in der Gesamtleitung zurückblicken: Gab es etwas, was Sie so nicht erwartet hatten?

Thiel: Trotz langer Erfahrung in KONSENS war ich überrascht, wie breit das Aufgabenfeld der Gesamtleitung ist. Das ist einfach eine andere Perspektive als die des Landesvertreters. 

Hesse: Da kann ich nur zustimmen. In Nordrhein-Westfalen habe ich als Entwicklungsleitung zwar sehr viele Verfahren betreut. Trotzdem hat es ein paar Monate gedauert, um in der Gesamtleitung das Gesamtbild zu erfassen und vom Reagieren ins Agieren zu kommen. Dadurch, dass wir jetzt zu dritt sind, können wir uns die Arbeit aber gut aufteilen. So weht gerade ein frischer Wind, alle starten motiviert durch.

Wie organisieren Sie sich, haben Sie eine Standleitung zueinander?

Jakob: Wir haben eine dienstliche Chat-Gruppe und, wenn alle Stricke reißen, eine private Messenger-Gruppe. Wöchentlich gibt es zwei fixe Termine: Einmal treffen wir uns als Gesamtleitung mit unseren Referentinnen und Referenten, einmal im größeren Kreis mit den Kernteams und dem Projektbüro beim Bund, das uns im Alltag unterstützt. Dazu kommen kurzfristige Ad-hoc-Termine, weil wir alle Wert auf ein konsensuales Miteinander legen. 

Thiel: In den regelmäßigen Jour-fixe-Terminen geht es sehr stark nach Agenda und nach Offene-Punkte-Listen. Deshalb halten wir zweimal im Jahr Klausur, um Zeit fürs Strategische zu haben. Wo wollen wir hin? Was sind unsere Prioritäten für die nächste Zeit? Das gelingt im persönlichen Kontakt besser. 

Hesse: Wir sind dann mindestens zu zwölft , auch unsere Kernteams sind dabei, weil auch die sich sehen und austauschen müssen. Das hat uns die Corona-Zeit gezeigt. Nur wenn man sich persönlich kennt, kann man später schnell zum Hörer greifen und offen miteinander reden. 

Was macht denn gute Zusammenarbeit in der Gesamtleitung für Sie aus?

Thiel: Dass wir unterschiedliche Positionen verstehen, einordnen und akzeptieren, um in den Austausch und zu einem Kompromiss zu kommen. Ich denke, das zeichnet uns drei aus, dass wir zuhören und Positionen wirklich zusammenführen wollen. Wir versuchen, alle hinter einem Ziel zu vereinigen: die Gesamtleitung, das Kernteam, die Zentralen Organisationseinheiten, die Verfahren, alle anderen Beteiligten und natürlich den Auftraggeber. Innerhalb der Gesamtleitung schätze ich, dass wir Themen offen ansprechen können, keine Geheimdiplomatie fahren und nicht jedes Wort auf die Goldwaage legen.

Jakob: Nur wenn wir als Dreierteam eine einheitliche Haltung haben, können wir Dinge auch in die Mannschaft bringen. Wir sind von unseren Persönlichkeiten vielleicht unterschiedlich, aber ergänzen uns gut, damit ein tolles Ergebnis rauskommt.

Hesse: Wir können kontrovers diskutieren, und das machen wir. Wir drei haben unterschiedliche Hintergründe, sind in verschiedenen Ländern beruflich aufgewachsen und haben andere Lebens- und Berufserfahrungen. Diese Kulturen prägen uns. Aber danach finden wir einen Konsens und können wieder gemeinsam lachen. Wie in einer Familie eben.

 "Innerhalb der KONSENS-Familie bekennen wir uns dazu, dass wir für die Finanzämter arbeiten. Unsere Produkte müssen im Finanzamt zeitnah Mehrwert bringen – das ist das oberste Ziel." 
Gabriele Jakob 

Wie wollen Sie die Zusammenarbeit in die Organisation hinein prägen?

Thiel: Die Zusammenarbeit in den einzelnen Gremien war früher stark themenorientiert. In der Entwicklungsleitung wurde zum Beispiel nur auf die Softwareentwicklung geschaut – sich aber wenig darum gekümmert, wie die Software in Betrieb genommen wird. Und die Produktionsleitungen haben andersherum gesagt: Wir brauchen die Software für die Produktion, wie ihr die entwickelt, ist uns aber egal. Wir hingegen wollen jetzt alle an einen Tisch bringen.

Jakob: Innerhalb der KONSENS-Familie bekennen wir uns dazu, dass wir für die Finanzämter arbeiten. Unsere Produkte müssen im Finanzamt zeitnah Mehrwert bringen – das ist das oberste Ziel. Beim Stichwort Miteinander will ich zudem betonen, dass wir als erweiterte Gesamtleitung mit den Zentralen Organisationseinheiten die Verfahren bei allgemeinen Aufgaben künftig noch stärker unterstützen und entlasten wollen, sodass die konzentriert an ihren Produkten arbeiten können. 

Thiel: Für uns als Gesamtleitung wäre es ein toller Erfolg, wenn die Menschen in KONSENS merken: Am besten funktioniert es miteinander. Und wenn wir über die verschiedenen Arbeitseinheiten hinweg mehr Verständnis unter- und füreinander schaffen können. 

Welche weiteren Ziele haben Sie als neue Gesamtleitung? Wenn wir zum Beispiel auf das KONSENS-Gesetz schauen, das vor fünf Jahren in Kraft getreten ist: Da ging es oft darum, schneller zu werden und die Strukturen zu bündeln.

Thiel: Beschleunigung ist weiter ein Thema. Ich formuliere das so: Wir nehmen Anlauf, um schneller zu werden. Und was die Strukturen angeht: Als Gesamtleitung verstehen wir uns nicht als zentrale Führung, wollen aber den Weg vorgeben, auf dem wir gemeinsam vorangehen. 

Hesse: Mit der Gesamtleitung haben wir ein kleines, schlagkräftiges Gremium, das nicht durch Länderinteressen getrieben ist. Das ist eine klare Verbesserung zu den Zeiten vor dem KONSENS-Gesetz. Beschleunigung ist allerdings angesichts sich ständig ändernder Steuergesetze eine echte Herausforderung. Zwar sollen Steuergesetze schon seit Jahren einfacher werden – werden sie aber nicht. Sie werden immer komplizierter. Ein Gesetz wie das Wachstums-Chancen-Gesetz, das wir umsetzen müssen, bindet viele Ressourcen und bremst uns dadurch bei der Vereinheitlichung und beim Schnellerwerden aus. Wenn wir nicht schneller werden, liegt das also nicht daran, dass unsere Prozesse nicht funktionieren, sondern daran, dass höher priorisierte Aufgaben dazwischenkommen.

Blicken wir nach vorn: Was haben Sie sich konkret vorgenommen?

Thiel: Wir wollen Schritt für Schritt vorgehen: Erst mal eine Bestandsaufnahme machen. Dann sukzessive die einzelnen Schritte prüfen und hinterfragen. Und dann die Richtung schärfen. Auch Transparenz ist uns wichtig. Und auch in unserer Kommunikation nach außen wollen wir verständlicher und weniger kleinteilig werden.

Jakob: Wenn man so einen großen Laden auf Kurs halten will, gehören natürlich auch Regeln und Prozesse dazu. Da wollen wir ran und künftig eher vom Großen ins Kleine kommen, also mehr von Eckpunkten aus denken, statt vieles gleich bis ins Detail auszuprägen und dann erst in die Welt zu bringen. Noch haben wir eine gewisse Verwaltungsmentalität, nach der eine Regel um jeden Preis eingehalten werden muss. Doch wie sagen Juristen? Keine Regel ohne Ausnahme. Wir müssen jetzt definieren, in welchem Fall Ausnahmen gelten und welche Voraussetzungen diese haben. Damit wir, bildlich gesprochen, den Sonderfahrzeugen mit Blaulicht Vorfahrt einräumen können. Das heißt aber natürlich nicht, dass wir jetzt willkürlich Regeln über den Haufen schmeißen! Das ist viel Change-Arbeit, wie man heute sagt.

Bei welchem Thema wollen Sie noch 2024 vorankommen?

Thiel: Beim Thema Cloud- und Containertechnologie. Wir entwickeln ein neues Betriebskonzept, das diese neuen Technologien unterstützt, sie für uns nutzbar macht und damit auch die Länder entlastet. Da sind wir schon dran. So können wir für die Mitarbeitenden in den Finanzämtern zum Beispiel Homeoffice ermöglichen, wenn sie von überall Zugriff haben. 

Jakob: Auch das papierlose Büro und die weitere Automatisierung der Prozesse sind große Themen. Hier überlegen wir zusammen mit der Organisationsseite als Auftraggeber, was die nächsten Schritte sein könnten. Was bringt im Amt wirklichen Mehrwert? Unsere Koordinationsaufgabe ist es, alle Handelnden so zusammenzubringen, dass dieser Mehrwert auch entsteht – das verfolgen wir dieses Jahr mit Hochdruck.

"Hier zeigt sich die ganze Komplexität von KONSENS: Denn für diese modernen Arbeitsplätze müssen Abhängigkeiten in den Verfahren entflochten werden, es braucht neue Technologien und neue Softwarearchitekturen." 
Gabriele Jakob 

Was treibt Sie langfristig um? 

Thiel: Wir wollen die Arbeit in den Finanzämtern durch moderne Arbeitsplätze besser unterstützen, gerade, weil dort auch ein Generationswechsel ansteht. Das ältere zeilenbasierte System ist zum Beispiel für junge Leute nicht mehr attraktiv. Natürlich kann man auch über KI sprechen, wenn wir bei der Automatisierung sind. Wir müssen einfach schauen, was wir aus den digitalen Daten machen. 

Jakob: Hier zeigt sich die ganze Komplexität von KONSENS: Denn für diese modernen Arbeitsplätze müssen Abhängigkeiten in den Verfahren entflochten werden, es braucht neue Technologien und neue Softwarearchitekturen. Deswegen sind unsere Ziele auch auf Jahre angelegt. Man darf nicht vergessen: Es gibt in Deutschland seit mehr als 60 Jahren eine Steuer-IT, teilweise sind Altverfahren schon so lange im Einsatz. 

Hesse: Diese Komplexität wird auch beim Software-Rollout sichtbar. Wenn wir eine Software entwickelt haben, wird die zunächst zentral getestet und in einem Land pilotiert. Erst wenn diese Pilotierung erfolgreich war, gehen wir auf die anderen 15 Länder. Warum? Weil eine Software immer aus vielen Paketen besteht, die aufeinander abgestimmt funktionieren müssen, zusammen mit Oberfläche, Datenbankzugriffen und Ähnlichem. Das ist hoch komplex. Zudem haben wir ja nicht 16 gleiche Länderbetriebe. Daher zieht es sich bis zu einem Jahr hin, bis wir die fertige Software auf dem Markt haben. Der eigentliche Entwicklungszeitraum ist oft kürzer. Da besteht einfach Handlungsbedarf, das zu ändern, damit die Neuerungen den Anwenderinnen und Anwendern schnell helfen können. 

Jakob: Das gilt genauso am Anfang des Prozesses, bei den Aufträgen. Da können durch den abstimmungsintensiven Lastenheftprozess von der Idee bis zum Beginn der Programmierung zwei Jahre ins Land gehen. Das sind Stellschrauben, an denen man drehen kann und muss.

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